Mittwoch, 12. März 2014

Der hl. Johannes vom Kreuz über Seelenführer, die von Bußwerken abraten

2. Wenn wir also selig werden und Gott wohlgefällig sein wollen, so müssen wir unseren Geschmack ändern: d. h., was dem Fleische zuwider ist, muss uns angenehm sein, was hingegen das Fleisch verlangt, müssen uns missfallen.
Also hat einst Gott zu dem heiligen Franziskus von Assisi gesprochen: „Wenn du mich verlangst, so nimm die bittern Sachen als süß, die süßen als bitter an."


Man kann hier nicht, wie es manche tun, den Einwurf machen, dass die Vollkommenheit nicht in der Kasteiung des Leibes, sondern in der Abtötung des Willens bestehe; denn hierauf antwortet P. Pinamonte auf folgende Weise: „Die Frucht eines Weinberges besteht nicht darin, dass er mit einem Zaune umgeben ist; dennoch aber bewahrt der Zaun die Frucht, und ohne seine Dornen würde die Frucht entwendet werden; nach dem Ausspruche des weisen Mannes: "Wo kein Zaun ist, da wird das Gut geraubt."(Ekklus. 36, 27)

Obschon der heilige Aloysius Gonzaga von schwacher und kränklicher Leibesbeschaffenheit war, so war er dennoch so eifrig, seinen Leib abzutöten, dass er nichts suchte, als Abtötung und Bußwerke.
Als einst jemand zu ihm sagte, dass die Heiligkeit nicht darin bestehe, sondern in der Verleugnung des eigenen Willens, hat er mit den Worten aus dem Evangelium klug geantwortet: Dies soll man tun, jenes nicht unterlassen (Matth. 23,23) als wollte er sagen: obschon es nötig ist, dass man den eigenen Willen abtöte, so ist es dennoch auch nötig, dass man den Leib kasteie, auf dass er gebändigt werde, und der Vernunft gehorche. 

Darum sagt der Apostel: Ich züchtige meinen Leib, und bringe ihn in die Dienstbarkeit (1. Kor. 9,27). Wenn der Leib nicht abgetötet ist, unterwirft er sich schwerlich dem göttlichen Gesetze. 

Daher sagt der heilige Johannes vom Kreuz denen, welche die Bußwerke nicht sehr lieben und, die, wenn sie dann Seelenführer auf den Wegen des Geistes werden, die äußerlichen Abtötungen verachten und  davon abraten*: 
„Wen man lehren hört, dass man die Abtötung des Fleisches unterlassen solle, dem darf man keinen Glauben beimessen, und wenn er auch seine Lehre mit Wunderwerken bestätigte."

* Dieses Abraten geschieht heutzutage fast rundum, auch in der sogenannten "Tradition". Leider kenne ich fast nur Priester, die zur Fastenzeit immer bestrebt sind, darauf hinzuweisen, dass das 40tägige Fasten (einmalige Sättigung und zwei sehr, sehr kleine zusätzliche Mahlzeiten) heutzutage nicht mehr verpflichtend sei und dass es wichtiger sei, seine geistigen Unvollkommenheiten, z. B. Unfreundlichkeit, unter Kontrolle zu bringen. Leider widersprechen dieser Einstellung alle Kirchenväter und alle Kirchenlehrer. Ohne Abtötung des Fleisches gibt es keine geistige Abtötung. 

In dem Buch "Sentire cum Ecclesia" warnt der Autor, Pfr. August Doerner, ein Priesterausbilder, schon 1941 vor der "modernen Aszese" seiner Mitbrüder, die darin besteht, Gott zu lieben, ohne gegen die Folgen der Erbsünde (Augenlust, Fleischeslust, Hoffart des Lebens) kämpfen zu wollen und die diese schon damals eifrig propagiert haben. 
Er weist darauf hin, dass dies eine Irrlehre ist, weil es Gottesliebe ohne Abtötung nicht geben kann und zitiert aus dem Buch eines Mitbruders, „Priestertum und Aszese“: 
„Es ist nicht ihnen Grund zu fürchten, dass sich hinter dieser Richtung zuletzt eine gewisse Scheu vor ernster und herber religiöser Kost und eine gewisse Angst vor Bußen und Selbstverleugnung verbirgt… Man scheut, mit einem Wort, den Angriff gegen die eigene Natur, man hat nicht den Mut und auch nicht die Kraft, sich selber auch einmal wehe zu tun.“

Pfr. Doerner fügt hinzu: 
"Damit ist alles, gesagt: Man will sich nicht selber wehe tun, man will sich nicht abtöten, man scheut die mühevolle Kleinarbeit im Kampfe gegen eigene Fehler, man scheut die beharrliche Kleinarbeit im Streben nach der Tugend und Vollkommenheit. 
Kurz, da man selber keine wahre und ernste Aszese üben will, lehnt man die entsprechenden religiösen Übungen als mittelalterlich und unmodern ab; man verkündet neue Wege der Vollkommenheit, die jedoch in nichts anderem bestehen, als in der Ablehnung jeder Aszese. Man beschwichtigt sein Gewissen, indem man Vereinfachung des religiösen Lebens vorschützt und unter dem Schein der größeren Vollkommenheit das opus operatum überbetont. Das ist das wahre Gesicht der „modernen Aszese“. Von einer wahren Aszese, von ernster Übung und ernstem Streben nach Vollkommenheit bleibt bei dieser „modernen Aszese“ nichts mehr übrig. Von einem innerlichen Leben kann da keine Rede mehr sein."

Er hält diesen "modernen" Mitbrüdern vor, sie stünden mit ihrer neuen Lehre im direkten Widerspruch mit der Lehre Christi und der Lehre und Praxis der Kirche.

Man sieht heute überdeutlich wohin diese "moderne Aszese" uns gebracht hat: noch nicht einmal die Sodomie, die schon im Alten Testament als himmelschreiende Sünde klassifiziert wird, wird von katholischen Bischöfen mehr als schlimm angesehen, nein, sie wird, wie jüngst geschehen, als "diversity", Vielfalt, gefeiert.


Siehe auch: 
Papst Benedikt XIV. über das Fasten