Freitag, 28. Februar 2014

Alle geistlichen Übungen müssen auf die Erlangung von Tugenden gerichtet sein

6. Es gibt Seelen, welche viele Andachten, hl. Kommunionen, viele Gebete, Fasten und andere Bußwerke verrichten; aber gewisse schlimme Neigungen zu überwinden, versäumen sie; zum Beispiele: Aufwallungen des Zornes, Vorwitz, gefährliche Zuneigungen, usw.. Sie können sich nicht überwinden, wenn sie eine Widerwärtigkeit erdulden, sich von gewissen Personen trennen, ihren Willen dem Gehorsame und dem göttlichen Willen unterwerfen sollen. 
Was für einen Fortschritt können solche Seelen in der Vollkommenheit machen?
Die armseligen werden stets bei ihren alten Fehlern bleiben, fern vom rechten Wege. Der heilige Augustinus sagt; „Sie laufen gut, aber außerhalb des Weges," dass heißt, sie schmeicheln sich, dass sie gut laufen, wenn sie ihre Andachtsübungen zu verrichten fortfahren; sie werden sich aber allezeit außerhalb des Weges zur Vollkommenheit befinden, welche in der Überwindung seiner selbst besteht.

Das Büchlein von der Nachfolge Christi sagt: „So viel wirst du zunehmen, als du dir selbst Gewalt antun wirst." Ich tadle hier nicht das mündliche Gebet, die Bußwerke und andere Übungen; allein, diese müssen dahin zielen, den Sieg über die bösen Neigungen zu erlangen, denn alle diese geistlichen Übungen sind nichts anderes,  als Mittel zur Erlangung der Tugend zu. 

Daher müssen wir bei den heiligen Kommunionen, Betrachtungen, Besuchen des allerheiligsten Altarssakramentes und anderen Andachtsübungen  Gott unaufhörlich bitten, dass Er uns hinlängliche Kraft gebe, demütig, abgetötet, gehorsam und Seinem heiligsten Willen gleichförmig zu sein
Bei einem jeden Christen ist es ein großer Fehler, wenn er aus keinem anderen Beweggrunde wirkt, als um seinen Lüsten und Neigungen zu folgen. 
Lactantius schreibt: Gott beruft den Menschen zum ewigen Leben durch Abtötung, der Teufel hingegen ruft zum ewigen Tode durch Vergnügungen und falsche Freude.




Mittwoch, 26. Februar 2014

Was zwei heilige Jesuitengeneräle und der Jesuitenbeichtvater der hl. Teresa von Avila über die Abtötung sagen

5. Der heilige Franz von Borgias pflegte zu sagen, das Gebet führe die göttliche Liebe in das Herz ein, die Abtötung aber bereite dieser Liebe den Weg, nämlich durch Hinwegräumung der irdischen Dinge, welche ihr sonst den Eingang versperren würden. — 
Wer Wasser schöpfen will, muss zuvor den Schmutz aus dem Schöpfeimer entfernen, sonst wird er kein Wasser, sondern eine trübe Schmutzbrühe bekommen. 

Pater Alvarez hat ein wichtiges Wort hierüber hinterlassen, da er geschrieben: „Ich erfuhr an mir selbst, dass Gott einem abgetöteten Menschen in einer Stunde Gebet mehr schenkt, als einem nicht abgetöteten in vielen Stunden." 
Der heilige Ignatius sagte ebenfalls, eine abgetötete Seele vereinige sich in einem viertelstündigen Gebete mit Gott enger, als eine unabgetötete, welche stundenlang dem Gebete obliegt.

Überwinde dich selbst!

Jeder Gärtner weiß,
dass man nie aufhören darf, Unkraut zu jäten
4. Unser Herz ist wie ein Garten, in welchem fort und fort wilde und schädliche Kräuter wachsen; darum muss man auch beständig die Hacke der heiligen Abtötung in der Hand halten, um sie auszurotten und hinauszuwerfen, sonst wird die Seele in kurzem einem Felde von Disteln und Dornen gleichen.

"Überwinde dich selbst!"   Dies war der Spruch, den der heilige Ignatius Loyla stets wiederholte, und den er auch gewöhnlich in seinen täglichen Ansprachen seinen geistlichen Söhnen stets an´s Herz legte.  
"Überwindet die Eigenliebe; brecht euern Willen! denn, die Ursache", so sprach er, "dass von den Menschen, die dem Gebete obliegen, nur wenige heilig werden, ist diese, weil nur wenige sich bemühen, sich selbst zu überwinden"
Aus hundert Menschen, die das Gebet üben (waren seine Worte), sind mehr als neunzig eigensinnige, die ihrem Kopfe folgen. Daher schätzte der heilige Mann ein einziges innerliches Werk der Abtötung des eigenen Willens höher, als ein langes Gebet voll geistlichen Trostes. 

Gilbert schreibt: "Was hilft es einer Festung, dass  ihre Tore geschlossen sind, wenn der Feind, der darinnen ist, nämlich der Hunger, alles in Verwirrung setzt?" Er will damit sagen: was nützt es, die äußerlichen Sinne abzutöten und Andachten zu verrichten, wenn du indessen im Herzen weiter jene Leidenschaft, jene Anhänglichkeit an den eigenen Willen, jene Liebe zur eigenen Hochschätzung, jenen heimlichen Groll oder einen anderen Feind hegst, der alles in Verwirrung bringt.


Dienstag, 25. Februar 2014

Der Kampf geht lebenslang

3. Unser ganzes Leben muss ein fortgesetzter Kampf sein. Des Menschen Leben auf Erden ist ein steter Streit, spricht der fromme Job (7,1 ). Wer aber vor dem Feinde steht, muss die Waffen stets zur Verteidigung in den Händen haben, damit er sich schützen könne; denn wenn er nur einen Tag sich nicht verteidigt, so wird er an diesem Tage überwunden werden. 

Hierbei ist wohl zu merken, dass eine Seele dennoch nie gegen ihre verkehrten Neigungen zu kämpfen aufhören darf, wie viele Siege sie auch immer über dieselben davon getragen haben mag; denn sind auch die menschlichen Neigungen und Begierden öfters überwunden worden, so sind sie doch nie tot. 
„Seid versichert, schreibt der heilige Bernard, „wenn die Giftpflanzen unserer Leidenschaften auch abgeschnitten werden, so sprossen sie doch allezeit neu wieder hervor, und werden sie auch hinausgeworfen, so kehren sie immer wieder zurück." 
Aber, wenn wir stets gegen sie kämpfen, können wir hoffen zu erreichen, dass sie uns immerhin nicht mehr so oft anfallen und wir im Stande sind, sie leichter zu besiegen

Ein Mönch beklagte sich bei dem Abt Theodor, dass er nach einem achtjährigen Kampf, den er gegen seine bösen Neigungen geführt, dieselben nicht habe ausrotten können. 
Theodorus antwortete ihm: „Mein Bruder! du beklagst dich über einen achtjährigen Kampf; ich habe sechzig Jahre ein einsames Leben geführt und in so langer Zeit keinen Tag gehabt, wo sich nicht eine böse Neigung in mir erhoben und mich beunruhigt hätte." 

Die verkehrten Neigungen der Natur werden nie aufhören, uns zu beunruhigen; aber es ist, wie der heilige Gregor sagt, etwas anderes, die wilden Tiere um uns zu sehen, und brüllen zu hören, als sie im Herzen zu beherbergen und uns von ihnen aufzehren zu lassen.


Montag, 24. Februar 2014

Unser schlimmster Feind: die Eigenliebe

2. Unglücklich ist eine Seele, die sich von den eigenen Neigungen beherrschen lässt! 
Der heilige Bernard sagt: „Ein Feind, der mit uns in demselben Hause wohnt, schadet am meisten." Unsere Feinde sind der Teufel und die Welt; der ärgste Feind aber, den wir haben, ist unsere Eigenliebe.
Die heilige Maria Magdalena von Pazzis pflegte zu sagen: „Die Eigenliebe macht es in der Seele wie ein Wurm, der die Wurzel einer Pflanze abnagt, wodurch er dieselbe nicht nur der Früchte, sondern auch des Lebens beraubt." Und an anderer Stelle sagt sie: „Der größte Verräter ist die Eigenliebe, welche wie Judas uns küsst und — verrät. Wer die Eigenliebe überwindet, überwindet alles." 

Wir müssen also den Herrn ohne Unterlass bitten, wie Salomon Ihn bat: Übergib mich nicht einer schamlosen und zügellosen Seele (Ecclesiasticus 23,6) Mein Gott, ach: überlass mich nicht der Gewalt meiner törichten Leidenschaften, die mich Deiner heiligen Furcht und der wahren Vernunft berauben wollen.

Viertes Hauptstück : Über Abtötung, Selbstverleugnung und Eigenliebe

Von der innerlichen Abtötung oder Selbstverleugnung

1. Es gibt zwei Arten der Eigenliebe, wovon eine gut, die andere lasterhaft ist. Die gute Eigenliebe ist jene, vermöge welcher wir nach dem ewigen Leben trachten, zu dem wir von Gott erschaffen sind. Die lasterhafte Eigenliebe ist dagegen jene, mit welcher wir uns irdische Güter zum Nachteil der Seele und mit Beleidigung Gottes zu verschaffen streben. 
Der heilige Augustinus sagt: „Die himmlische Stadt wird von der Liebe Gottes bis zur Verachtung unserer selbst gebaut. Die irdische Stadt wird von unserer Eigenliebe bis zur Verachtung Gottes gebaut." 

Der göttliche Heiland sprach: Wenn jemand Mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst (Matth.16,24).
Die Vollkommenheit einer Seele besteht also in dem Streben, sich selbst zu verleugnen. Wer sich nicht selbst verleugnet, der kann Jesus Christus nicht nachfolgen. 

Der heilige Augustinus schreibt: „Die Liebe zu Gott nimmt zu, wenn die böse Begierlichkeit abnimmt; die Liebe wird vollkommen, wenn die böse Begierlichkeit gänzlich vernichtet wird." Das heißt, je weniger ein Mensch seine Neigungen zu befriedigen verlangt, je mehr liebt er Gott; wenn er gar nichts mehr verlangt als Gott, so liebt er Gott vollkommen. 

Wegen unserer durch die Erbsünde verwundeten Natur ist es aber nicht möglich, von den Anfechtungen der Eigenliebe ganz und gar frei zu sein.
Daher muss eine christliche Seele vor allem darauf bedacht sein, dass sie die unordentlichen Regungen der Eigenliebe im Zaume halte und darin besteht die innerliche Abtötung, wie der heilige Augustinus sagt, nämlich in der Beherrschung der Regungen des Gemütes und der innerlichen Neigungen.


Sonntag, 23. Februar 2014

Ohne beharrliches Gebet wird man nie seine Fehler besiegen

15. Vor allem aber müssen wir, um unsere Fehler auszurotten, unseren Kräften und unserem Bemühen misstrauen, und alles Vertrauen auf Gott setzen, indem wir mit David sprechen: Auf meinen Bogen verlasse ich mich nicht, und mein Schwert kann mir nicht helfen (Psalm 43,7) 
Wenn wir das Vertrauen nur auf unsere Vorsätze gründen; so wird alle unsere Mühe verloren sein. Daher ist es notwendig, dass wir durch das Gebet den göttlichen Beistand zu erlangen suchen, und unablässig wiederholen: 
Barmherzigkeit, o Herr! Mein Gott steh' mir bei! Herr, eile mir zu helfen!
Gott hat verheißen, dass Er dem geben werde, der Ihn bittet, und sich finden lassen werde von dem, der Ihn sucht: Bittet, so wird euch gegeben werden, suchet, so werdet ihr finden (Lukas 11,9). 

Man muss aber, ich wiederhole es, allezeit bitten, und nie zu bitten nachlassen: Man muss allezeit beten, und nicht nachlassen (Luk. 18,1). Zu dem Zeitpunkt, an dem wir zu bitten aufhören, werden wir überwunden werden
Wenn wir aber zu bitten fortfahren, und ein wahres Verlangen nach der Gnade haben, so wird der Sieg unser sein.

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Gebet.


Mein Jesu! sieh nicht auf die Undankbarkeit, die ich Dir so oft für Deine Guttaten erwiesen habe, sondern sieh Deine Verdienste, Deine Schmerzen an, die Du für mich von der Krippe bis an das Kreuz gelitten hast. 
Ich bereue von ganzem Herzen alles, was Dich beleidigt hat. Von dieser Stunde an opfere ich Dir mein Leben auf, ich will mich eifrig bemühen, alles zu tun, so viel mir möglich ist, um Dir meinen Gehorsam und meine Liebe zu beweisen. Ich liebe Dich, o mein Erlöser! aber ich liebe Dich viel zu wenig. 
Vermehre in mir durch Deine Barmherzigkeit meine Liebe zu Dir. Erhöre mich und gib mir Gnade, dass ich diese Bitte immer erneuern möge. 
O Liebe meiner Seele! ach! wenn mir doch das Glück zuteil würde, dass mein Herz immerfort von Deiner Liebe entzündet wäre!
Ich habe Dich oft und schwer beleidigt, künftig will ich Dich lieben, und nur Dich lieben, weil du allein würdig bist, über alles geliebt zu werden. Ich will Dich auch aus keiner anderen Absicht lieben, als weil Du alle Liebe verdienst. — 
O Maria, meine Mutter, meine Hoffnung, steh' mir bei!

Samstag, 22. Februar 2014

Wie man gegen sein vorherrschendes Laster kämpft

14. Es ist sechstens sehr nützlich, dass wir die besondere Gewissenserforschung über jenes Laster, welches über uns herrscht, anstellen, und uns eine Buße auferlegen, so oft wir erkennen, dass wir wieder in dasselbe gefallen sind. Wir dürfen den Kampf gegen dieses Laster nicht eher aufhören, als bis wir es überwunden haben.

Daher sollen wir uns im Vertrauen auf die göttliche Hilfe ermuntern und mit David großmütig sprechen: Ich will meine Feinde verfolgen und sie angreifen, ich will nicht umkehren, bis sie vertilgt sind (Psalm 17, 38.).

Ihr betrügt euch," sagt der heilige Bernard, „wenn ihr nach einem einigem Fortschritte in der Tugend meint, eure Leidenschaften und Laster seien tot. Denn so lange ihr dieses verwesliche Kleid der Sterblichkeit tragt, werden sie zwar eine Zeit lang unterdrückt scheinen, aber immer wieder zum Vorscheine kommen."
Darum erinnert Cassian, man müsse stets wachen, damit das Laster nicht auf´s Neue um sich greife; denn wenn du in der Strenge nachlässt, so wird es ohne Zweifel wieder zurückkehren, und dich mit noch größerer Gewalt beherrschen.

Mittel, wie man seinem Hauptfehler entgegenwirkt

13. Eine christliche Seele muss sich fünftens eifrig bestreben, solche Übungen der Tugend zu machen, welche den bösen Neigungen, die sie plagen, und verursachen, dass sie in Sünden fällt, gerade entgegengesetzt sind. 
Wer zum Beispiel eine Neigung zur Hoffart in sich merkt, muss sich ganz besonders vornehmen und bestreben, sich zu demütigen und Demütigung geduldig anzunehmen. Wer merkt, dass er zur Völlerei geneigt ist, muss dem so viel wie möglich entgegenwirken und dieses gilt auch von andern Lastern. 

Es ist darum sehr nützlich, was Cassian empfiehlt, dass wir uns nämlich täglich im Gebete die Gelegenheiten vor Augen stellen sollen, welche uns im Laufe eines Tages begegnen können; wenn uns z. B. ein Unrecht geschehen oder uns eine Unbild zugefügt werden könnte, so müssen wir uns vornehmen, in einem solchen Falle zu demütig zu sein und uns in den göttlichen Willen zu ergeben.**

O wie nützlich (die unlauteren* Versuchungen freilich ausgenommen), sind solche Vorbereitungen, damit die Seele in den Stand gesetzt werde, alle Widerwärtigkeiten, die sie unversehens treffen, geduldig ertrage. So sind die Heiligen in den Gelegenheiten allezeit bereit gewesen, Verspottungen, Unbilden, Ungerechtigkeiten, ja Schläge ruhig und fröhlich hinzunehmen.

* Demütig zu sein, gilt nicht für Widerwärtigkeiten, die man von Personen erleiden muss, für die man die Pflicht der Leitung hat, und für die man vor Gott strenge Rechenschaft ablegen muss, wie z. B. Kinder. Wenn Kinder sich den Eltern gegenüber schlecht benehmen und damit gegen das vierte Gebot verstoßen, hat man die Pflicht, unbedingt erziehend bzw. strafend einzugreifen, natürlich immer mit Verstandesüberlegung und nicht im Affekt, das ist in diesem Fall nämlich der göttliche Wille. Das führt der hl. Alphons an anderer Stelle eindringlich aus. Im Alten Testament gibt es genügend Beispiele, wie hart Gott die Eltern straft, die die Sünden ihrer Kinder dulden und nicht strafen.

** heißt Versuchungen zur Unkeuschheit, auf diese sollte man sich gedanklich auf keinen Fall vorbereiten, wenn solche auftreten, hilft nur Gebet und sofortige Flucht der bösen Gelegenheit.


Mittwoch, 19. Februar 2014

Gebete herabsprechen ohne Entschluss alle Sünden zu unterlassen nutzt wenig

11. Wenn eine Seele ihren vorherrschenden Fehler erkannt hat, muss sie drittens: den ernsthaften Entschluss fassen, sich davon zu befreien, und diesen Fehler herzhaft zu bekämpfen, bis er beseitigt ist. 
Die heilige Theresia sagt: "Der Herr verlangt von uns nicht mehr, als einen großmütigen Entschluss, dann wird Er Seinerseits alles Übrige tun." 

An anderer Stelle sagt die seraphische Jungfrau, dass der Teufel beherzte und entschlossene Seelen fürchte, dass er aber jene Seelen nicht fürchte, die nur gute Begierden haben, sich aber nie entschließen
„Doch es verleiht der Herr," fährt diese heilige Jungfrau fort, „jeder Seele, so tief sie auch gesunken sein mag, Seinen Beistand, sobald sie sich mit ernstem Entschluss Seiner Liebe weiht." 

Solche ernsten Entschlüsse müssen wir aber beim Gebet fassen. Die hl. Theresia sagt ferner: "Mir ist das Gebet, das kurze Zeit dauert und große Dinge wirkt, lieber, als jenes, welches viele Jahre anhält, wobei aber die Seele sich niemals entschließt." 
Und wahrhaftig, was nützt das Gebet, in welchem wir uns begnügen, einige zärtliche Anmutungen zu erwecken und allgemeine, gedruckte Gebete herabzusprechen, dabei aber nie den Entschluss fassen, die Sünden aus dem Wege zu räumen, von denen wir erkennen, dass sie uns von der Vollkommenheit fern halten.

12. Einer der notwendigsten Entschlüsse muss viertens sein: die Gelegenheit zum Sündigen hinwegzuschaffen. Der böse Feind lacht unserer Vorsätze und Versprechungen, so lange wir die nächste böse Gelegenheit nicht fliehen. Als einst der Teufel gefragt wurde, was für eine Predigt ihm am meisten missfalle, war die Antwort: jene, in welcher von der Flucht der bösen Gelegenheit gehandelt wird

Eine christliche Seele soll also erforschen, was für eine Gelegenheit sie besonders zu ihren Sünden reizt, welche Personen, welche Orte, welche Umstände usw. 
Die heilige Theresia sagt, dass die Seele, wenn sie sich von den Freuden dieser Welt nicht entfernt, im Guten bald wieder nachlassen wird. Sind hingegen die bösen Gelegenheiten entfernt, so wird die Seele sich sogleich wieder zur Liebe Gottes wenden.



Dienstag, 18. Februar 2014

Mittel gegen die Lauheit

9. Dieses gilt indes nur für die Sünden, welche unbedachtsamer Weise begangen werden. Geschieht es aber, dass eine Seele bedachtsamer Weise, jedoch selten eine läßliche Sünde begeht, so darf sie auch deshalb weder kleinmütig noch unruhig werden. 
Sie soll sich vielmehr durch die Reue und durch einen festen Vorsatz, nicht mehr zu fallen, wieder aufrichten, fällt sie dennoch wieder, so muss sie Reue und Vorsatz erneuern, auf Gott ihr Vertrauen setzen, Der sie, wenn sie in dieser guten Übung fortfährt, von solchen freiwilligen Sünden endlich befreien wird. 

Der heilige Philipp Neri sagte: „Heilig werden ist nicht die Arbeit eines einzigen Tages." Wer von dem angetretenen Wege der Vollkommenheit nicht abweicht, der soll nicht verzweifeln, weil er mit der Zeit gewiß ans Ziel gelangen wird.


Gott läßt öfter zu, dass wir derlei Fehler begehen, um uns unsere Schwachheit zu zeigen, damit wir erkennen, in welche Laster wir fallen würden, wenn Er Seine mächtige Hand von uns abzöge. Solche läßlichen Sünden, welche bedachtsamer Weise, aber selten begangen werden, bringen keinen großen Schaden, wenigstens bringen sie nicht den Untergang. 

Jene läßlichen Sünden aber, welche bedachtsamer Weise und aus Gewohnheit begangen werden, können — wie wir oben betrachtet haben — leicht die Ursache unseres Unterganges sein; besonders wenn man sie aus Anhänglichkeit an eine Leidenschaft begeht, keinen Abscheu davor hat und an keine Besserung denkt; weil denn dieses sind traurige Anzeichen,  dass die Seele in den Stand der Lauigkeit verfallen ist, aus dem sie sich, wie wir gesehen haben, schwer herauswinden kann. 

Wenn sich aber eine christliche Seele in diesem elenden Stande befinden sollte, so wollen wir die Mittel ansehen, welche sie ergreifen muß, um heraus zu kommen.

10. Sie muss erstens das Verlangen haben, sich davon zu befreien. Wenn sie dieses Verlangen nicht hätte, so flehe sie wenigstens zu Gott, dass Er es ihr verleihe , mit festem Vertrauen auf Sein Versprechen: Bittet, und ihr werdet empfangen. 


Zweitens muss sie sich bestreben, ihre Sünden, und besonders ihren vorherrschenden Fehler zu erkennen:

Wer um Beispiel von Hochschätzung seiner selbst erfüllt ist, wer gerne gesehen werden will, wer sich oft gebieterischer Worte bedient; sich selbst lobt, wer in Unruhe und Verwirrung gerät, so oft er verdemütigt und seiner Meinung nach nicht hoch genug geachtet wird, der wird erkennen, dass in ihm die Hoffart vorherrsche. 

In anderen herrscht Eigenliebe, wenn sie sich über jede kleine Unpäßlichkeit betrüben, bei jedem Ungemach verdrießlich werden, nur ausgesuchte Speisen verlangen, und nichts essen wollen, als was nach ihrem Geschmacke ist. Wieder in anderen herrscht der Zorn, wenn sie bei jeder Widerwärtigkeit unruhig werden, murren und klagen. Bei anderen ist die Trägheit vorherrschend, wenn sie wegen jeder geringen Ursache, Gebet, Betrachtung, Kommunion und dergleichen unterlassen.



Wie unbedacht begangene lässliche Sünden ausgelöscht werden

8. Bei jener Art von Sünden, die infolge der menschlichen Schwachheit unvermeidlich sind, ist, wie der heilige Bernhard sagt, „die Nachlässigkeit sträflich, aber auch die unmäßige Furcht tadelnswert." 
Wir müssen freilich solche Sünden verabscheuen, aber deshalb nicht den Mut verlieren, da der Herr sie leicht verzeiht, wenn die Seele sie verabscheut. Der Gerechte fällt sieben Mal und steht doch wieder auf. (Sprichw. 27,16).

Wer aus Gebrechlichkeit fällt, steht gleich wieder auf. Der heilige Franz von Sales sagt, dass die täglichen Sünden, so wie sie unbedachtsamer Weise begangen, eben so auch unbemerkter Weise wieder weggenommen werden. Dies hat schon der heilige Thomas von Aquin gelehrt, da er schrieb, dass solche Sünden schon ausgelöscht werden: wenn man von inbrünstiger Liebe zu Gott bewegt wird oder durch gute Werke, die eine christliche Seele aus Liebe zu Gott zu verrichten pflegt, durch Ergebung in den Willen Gottes, Aufopferung und dergleichen.


Der englische Lehrer fügt hinzu, dass die Nachlassung solcher kleinen Sünden, auch durch die sogenannten Sakramentalien bewirkt wird, d. i. die gesegneten und geweihten Sachen oder auch durch andere geistliche, allgemein gut geheißene Gebräuche bewirkt wird, die zur Auslöschung der vielfältigen läßlichen Sünden angeordnet sind, als da ist: das heilige Vaterunser beten, das Mea culpa sprechen, an die Brust klopfen, den Segen des Bischofs empfangen, sich mit dem Weihwasser besprengen, das Gebet in einer geweihten Kirche verrichten. 

Die Nachlassung solcher kleinen, unbedacht begangenen Sünden wird aber vor allem durch die heiligen Sakramente und insbesondere die heilige Kommunion bewirkt, von welcher der heilige Bernardin von Siena schreibt: "Es kann geschehen, dass sich das Gemüt durch den Empfang des allerheiligsten Sakramentes zu einer so großen Andacht entzündet, dass es dadurch von allen läßlichen Sünden gereinigt wird.




Zwei Arten der Demut in Bezug auf begangene Sünden: heilige und böse

7. "So ist denn", wird mir eine solche laue Seele sagen,  "so ist also für mich keine Hoffnung des Heils mehr, weil es mir nach dem Gesagten so gut wie unmöglich ist, aus diesen Lauigkeiten herauszukommen?" Höre, was Jesus Christus dir antwortet: Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich. (Luk. 18, 27) 
Wer bittet und die notwendigen Mittel ergreift, erlangt alles. Wir wollen jetzt zu den Mitteln kommen. 
Wenn die Sünden aus Unbedachtsamkeit, aus Gebrechlichkeit begangen werden, so bringen sie, wie schon erwähnt, dann keinen großen Schaden, wenn man sie im Geiste der Demut verabscheut. 

Hier ist anzumerken, dass es betreff der Sünden, die wir begehen, zwei Arten der Demut gibt; eine heilige, welche Gott verleiht, und eine böse, welche der Teufel eingibt. 

Die heilige Demut ist jene, vermöge welcher die Seele ihre Unvollkommenheiten erkennt, und sich deshalb vor Gott schämt und erniedrigt, sie bereut und verabscheut; aber in Frieden und Ruhe bleibt, und da sie ihr Elend sieht, den Mut nicht sinken lässt, nicht in Unruhe verfällt, sondern auf Gott ihr Vertrauen setzt, und um so eifriger wird, die Fehler und Sünden mit größerer Andacht und gottseligen Werken zu ersetzen. 

Die böse Demut hingegen ist jene, welche die Seele verwirrt, mit Unruhe und Mißtrauen anfüllt und dadurch schwach und zu allem Guten fast untüchtig macht. 

Hört, was die heilige Theresia über diesen Punkt sagt: „Die wahre Demut bringt, obschon die Seele sich als boshaft erkennt, keine Verwirrung, beunruhigt das Herz nicht, sondern erfüllt es mit Trost. Sie macht zwar betrübt wegen der Gott zugefügten Beleidigungen, andererseits aber erweitert sie das Herz zum Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit. Die Seele ist erleuchtet genug, sich zu schämen und Gott zu loben, Der sie so lange geduldet hat. 
In der anderen Demut aber, die der Teufel eingibt, ist kein Licht, um irgendein Gutes zu tun; es kommt der Seele vor,  als ob Gott alles durch Feuer und Schwert verheere. Dieses ist eine der feinsten Erfindungen des Teufels, die ich kenne."



Montag, 17. Februar 2014

Was "weil du lau bist, werde Ich dich ausspeien aus Meinem Munde " bedeutet

6. Von einem noch nicht bekehrten Sünder macht sich der heilige Gregorius Hoffnung; wenn aber eine laue Seele sich wegen ihrer Lauigkeit nicht fürchtet, zweifelt er an ihrem Heile. 

Der Grund hierfür liegt in diesen Worten des Herrn: So aber, weil du lau bist, und weder kalt noch warm, werde Ich dich ausspeien aus meinem Munde (Offenb. 3,16).
Wenn ein Getränk kalt oder warm ist, so schlingt man es leicht hinab; nicht aber, wenn es lau ist, weil dieses zum Erbrechen reizt. In dieser Gefahr befindet sich nämlich eine laue Seele, dass sie von Gott ausgespieen, das ist, von Seiner Gnade verlassen werde. Dies bedeutet das Ausspeien. Ich werde dich ausspeien; denn was man ausspeit, davor hat man Ekel. 


Und wie, frage ich, fängt Gott an, die Seele auszuspeien? Er 
wird ihr nicht mehr, wie zuvor, jene hellen Erleuchtungen des Glaubens, jenen geistlichen Trost, jene liebreichen Einsprechungen und heiligen Begierden geben; daher wird die Seele anfangen, des Gebet, die  Kommunion, die Besuchungen des allerheiligsten Altarssakramentes, die Betrachtungen zu unterlassen, oder sie wird dieselben mit Überdruß, Unlust und Zerstreuung des Gemütes verrichten: sie wird alles aus Zwang, zerstreut, unruhig, ohne Andacht tun.
So fängt der Herr an, die Seele auszuspeien, so dass die armselige, weil sie in allen ihren Andachtsübungen keinen Trost, sondern nur Überdruß fühlt, zuletzt alles fahren lassen und in den Pfuhl schwerer Sünden und Laster hineinstürzen wird. 

Die Lauigkeit ist ein zehrendes Fieber, das kaum zu erkennen ist, doch leicht den Tod verursacht. Die Seele, welche der Lauigkeit verfallen ist, denkt nicht daran, ihre Sünden zu bessern, sondern diese machen sie so unempfindlich, dass sie zu Grunde gehen wird, ohne es gewahr zu werden.



Nicht beachtete lässliche Gewohnheitssünden führen zur gefährlichen Lauheit

5. Es muss sich also jede Seele sehr fürchten, wenn der Teufel sie mit was immer für einer Leidenschaft und mit was immer für einer, wenn auch noch so kleinen Sünde, welche Fall und  Untergang nach sich ziehen kann, binden will
Sie muss sich fürchten und zittern, sage ich; denn jede kleine Neigung kann die Ursache ihrer ewigen Verdammnis sein; „Wer sich verwerflichen Sachen nähert, wird selbst verwerflich werden," sagt die heilige Theresia, und zwar mit allem Fug und Recht; denn obschon sie nie eine schwere Sünde begangen, ließ ihr Gott dennoch den Ort sehen, der für sie in der Hölle bereitet gewesen wäre, hätte sie sich nicht von einer gewissen (obwohl nicht unreinen) Neigung, die sie zu einem ihrer Verwandten trug, losgemacht. 

Wenn der Vogel frei ist, so erhebt er sich in die Luft, ist er aber angebunden, und wenn auch nur mit einem dünnen Faden, so bleibt er am Boden. 
Ebenso fliegt die Seele, die von aller irdischen Neigung frei ist, und steigt zu Gott empor; so lange sie aber mit einer Neigung an der Welt klebt, wird sie sich von der Erde nie aufschwingen, sie wird von Tag zu Tag schlechter werden, bis sie endlich ewig zu Grunde geht. 

Kurz, man muss fest überzeugt sein, dass die Seligkeit eines Christen auch von der Vermeidung der läßlichen Sünden abhänge, besonders wenn es Gewohnheitssünden sind; denn viele kleine Bächlein werden endlich zu einem großen Flusse, in welchem man Schiffbruch leiden und ertrinken kann. 

Ihre immerwährenden Sünden, die die Seele nicht achtet, werden machen, dass sie nach und nach in den elenden Stand der Lauigkeit fällt, über den der Herr dem Bischofe von Laodicea durch den heiligen Johannes geschrieben hat: Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist (Offenb. 3,15). 

Das ist der Stand einer lauen Seele. Sie wagt es nicht, Gott ganz und gar den Rücken zu kehren, aber sie achtet die läßlichen Sünden nicht, sie begeht alle Tage viele derselben; sie ist ungeduldig, sie lügt, sie murrt, sie ist genäschig, sie zankt, trägt Abneigung im Herzen; trägt unordentliche Neigung zu Hab und Gut, zu Neuigkeiten, zur eigenen Hochschätzung, zum eigenen Willen; aber diese Unvollkommenheiten kümmern sie nicht im geringsten, sie denkt auch nicht daran, sich zu bessern. 

O wärest du kalt, setzt der Herr hinzu, weil du aber lau und weder kalt noch warm bist, so will ich anfangen, dich aus Meinem Munde auszuspeien (Offenb. 3,15, 16); das heißt: es wäre besser, du wärest meiner Gnade ganz und gar beraubt, weil dann noch Hilfe zu hoffen sein würde*; da du aber in deiner Lauigkeit verharrst, bist du in größerer Gefahr, verdammt zu werden, indem du durch diese Lauigkeit leicht in eine Todsünde fallen wirst, und schwerlich von diesem Falle wieder aufstehen wirst.

* Erklärung aus dieser hoch empfehlenswerten Vulgata  zu der Schriftstelle: "Der Kalte, der nichts hat, erkennt leichter sein Nichts und sein Bedürfnis nach Buße und Glauben, doch der Laue und Halbe tröstet sich mit dem, was er hat, über das, was er nicht hat und glaubt kaum an seinen Mangel.





Freitag, 14. Februar 2014

Der hl. Thomas von Aquin über Sünden der Bosheit gegen Gott

4. Hier ist außerdem zu merken, dass, wenn eine frömmere und von den bösen Gelegenheiten zu sündigen mehr entfernte Seele in eine Todsünde fällt, ihr Fall sie in größte Gefahr bringt, von Gott verlassen zu werden, denn ihre Sünde ist eine Sünde reiner Bosheit; denn sie sündigt nach so vielen Predigten, Kommunionen, Betrachtungen, Beispielen frommer Christen, Ermahnungen der Beichtväter und Vorgesetzten; sie kann sich daher nicht mit Unwissenheit oder Schwachheit entschuldigen, weil ihr so viele Erleuchtungen und so viele Mittel zuteil wurden, um sich stark zu machen, wenn sie gewollt hätte.*

Nach der Lehre des heiligen Thomas von Aquin ist eigentlich jene Sünde eine Sünde der Bosheit, welche man mit vollkommener Erkenntnis ihrer Hässlichkeit begeht. 
Darum bringt eine solche Sünde einen großen Fall: weil, je größer das der Seele verliehene Licht gewesen ist, um so größer wird auch die Verblendung sein wird. Überdies sagt der englische Lehrer**, dass die Sünde an Gewicht wachse, je größer die Undankbarkeit dessen ist, der sie begeht. Mit welchen Gnaden, Gunsterweisungen, Wohltaten hat nicht Gott eine christliche Seele überhäuft? 

Wer auf der Ebene fällt, wird sich nicht ein großes Übel zufügen; wer aber von einem hohen Berge fällt, von dem sagt man nicht, dass er falle, sondern dass er stürze. „Ein Sturz, der von der Höhe geschieht," sagt der heilige Ambrosius, „endet mit einem schweren Falle." 
Dasselbe sagt Gott durch den Mund des Propheten Ezechiel: Ich habe dich auf den heiligen Berg Gottes gesetzt, und du hast gesündigt, darum habe Ich dich von dem Berge Gottes herabgeworfen, und zu Grunde gehen lassen (Ezechiel, 28, 14 und 16).

* Anmerkung: Dieser Abschnitt erklärt, warum es so schlimm ist, wenn Priester und Ordensleute in eine Todsünde fallen, worauf der hl. Alphons auch eindringlich in seinem Priesterermahnungsbuch hinweist. Wer Theologie studiert hat, und sich dennoch zum Sündigen entschließt, ist schuldiger, weil ihm mehr Erleuchtung u. a. darüber zuteil geworden ist, was eine Sünde ist: eine Beleidigung Gottes. Man kann nicht genug darüber betrachten, wie monströs es ist, Gott absichtlich beleidigen zu wollen, auch in nur "kleinen" Dingen, d. i. in mit Absicht begangenen läßlichen Sünden.
Der Abschnitt erklärt wohl auch die Ursache der seit Jahrzehnten allgemein zu beobachtenden Verblendung unter dem Welt- und Ordensklerus.

** so wird der hl. Thomas bezeichnet: Doctor angelicus, der englische Lehrer (abgeleitet von "Engel").


Donnerstag, 13. Februar 2014

Nicht auf einmal wird ein frommer Mensch lasterhaft

3. Wenn wir hören, sagt Cassian, dass eine fromme Seele gefallen sei, so dürfen wir nicht denken, dass sie gleich der ersten Versuchung unterlegen sei, sondern können voraussetzen, dass sie anfangs erst kleine Sünden begangen habe, und dann erst in große Laster gefallen sei.

Der heilige Johannes Chrysostomus bekräftigt, er habe viele Menschen gekannt, die ihm mit allen Tugenden geziert zu sein schienen; und dennoch, weil sie ihre läßlichen Sünden wenig beachtet haben, in einen Abgrund der Laster gefallen sind.
Die ehrwürdige Schwester Anna von der Menschwerdung Christi sah ein
es Tages eine verdammte Seele, die von ihr und von allen für heilig gehalten worden war, mit vielen Tierchen auf dem Angesichte, welche ihre Sünden andeuteten und hörte, dass einige dieser Tierchen sagten: Mit uns hast du angefangen; andere: unseretwegen hast du fortgesetzt; wieder andere: unseretwegen bist du zu Grunde gegangen. 

Daher sagt die Mutter Maria Victoria Strada: „Wenn der Teufel nicht viel haben kann, so ist er mit wenigem zufrieden, und mit diesem wenigen erobert er viel." 
Merke:
Leihe nie dein Ohr dem Teufel!
Die Schlange hat Eva nicht gleich damit versucht, den Apfel zu essen, sondern bloß ihn anzuschauen, dann mit ihr zu reden und die von Gott ergangene Androhung des Todes in Zweifel zu ziehen, schließlich hat sie Eva zu Fall gebracht. 

Die heilige Theresia sagt: „Der Teufel ist zufrieden, wenn ihm eine Seele die Tür des Herzens ein wenig öffnet: er wird dann schon bewirken, dass sie ihm dieselbe ganz aufmacht." 

Eben dieses hat der heilige Hieronymus gesagt: "Der höllische Feind versucht beim ersten Male nicht zu schweren Sünden, sondern zu kleinen, um damit in die Seele Eingang zu finden, und sie so beherrschen zu können, dass er sie danach zu größeren Sünden verleiten kann." 

„Nicht auf ein Mal," sagt, der heilige Bernhard, „wird ein frommer Mensch lasterhaft; mit den kleinsten Sünden fangen jene an, die sich später in die größten Laster stürzen."
Seht, wie ein kleines Feuer einen großen Wald anzündet (Jak. 3,5); das heißt: eine nicht abgetötete Leidenschaft wird die Seele in den Untergang stürzen.




Mittwoch, 12. Februar 2014

Wie der Teufel versucht, die Seele "mit einem Haar zu binden"

2. Nicht selten geschah es, dass viele solcher Seelen endlich in der Ungnade Gottes zu Grunde gegangen sind. Es ist wohl zu merken, dass der Kunstgriff, den der Teufel bei frommen Seelen anwendet, keineswegs darin besteht, sie gleich anfangs zu schweren Sünden zu versuchen. 

Vom Haar zur Kette
Er ist zufrieden, wie der heilige Franziskus von Assisi sagt, wenn sich die Seele mit einem Haare binden lässt; denn wenn der Teufel sie gleich wie eine Sklavin mit einer Kette fesseln wollte, so würde sie darüber erschrecken und die Flucht ergreifen; lässt sie sich aber von einem schwachen Haare binden, so wird es dem Seelenfeind leicht gelingen, sie danach mit einem Faden, und später mit einem Stricke zu binden, bis er sie endlich mit einer Kette fesseln und zu seiner Sklavin machen wird. 
Wir wollen dies erklären: 

Ein Mensch behält nach einem kleinen Zerwürfnisse mit seinem Nächsten einen gewissen heimlichen Groll gegen ihn im Herzen: seht das Haar
Er wird mit ihm nicht reden, er wird ihn nicht grüßen; — seht den Faden
Dann wird er anfangen, Übles von ihm zu reden, und ihn schmähen; — das ist der Strick
Schließlich, wenn ein weiterer Anlass zu Zorn und Unmut hinzu kommt, wird er einen tödlichen Hass wider seinen Nächsten fassen, und das ist die Kette, durch welche er zum Sklaven der Hölle gemacht wird.— 

Oder es hegt jemand eine Zuneigung zu einer Person und nährt diese Anhänglichkeit anfangs unter dem Vorwande der Dankbarkeit: bald folgen gegenseitige Geschenke; darauf werden verliebte Worte folgen; dann wird der Unglückliche bei überhand nehmender Leidenschaft mit einer Kette gebunden werden, die ihn in den ewigen Tod zieht. 

Kurz, wie es einem Spieler ergeht, welcher, nachdem er viele kleine Summen verloren hat, endlich alles einsetzt und alles verliert, was er hat; so ergeht es auch einer lauen Seele. Nachdem sie viele kleine Verluste im geistlichen Leben erlitten hat, wird sie, weil sie zu schwach ist der Versuchung zu widerstehen, endlich sagen: „so werde denn alles eingesetzt" und auf diese Weise wird sie Gott und sich verlieren. — 

O, welchen Einfluss gewinnt auf uns der Höllengeist, wenn er sieht, dass wir von einer Neigung gefesselt sind! 
Der heilige Ambrosius sagt; „Der höllische Feind kundschaftet aus, was uns am meisten reizt, und indem er uns dies vor Augen stellt, erregt er die Begierlichkeit, und auf solche Weise legt er die Fallstricke, um uns zu fangen."

Zur Erläuterung des letzteren siehe auch:



Drittes Hauptstück - Von dem Schaden der lässlichen Sünden

Fortsetzung

1. Jede christliche Seele, welche aus Anhänglichkeit zu irgendeiner Leidenschaft sündigt, muss ihren ewigen Untergang fürchten. O Gott! wie viele Seelen werden niemals heilig, und setzen ihr ewiges Heil der größten Gefahr aus, weil sie sich von gewissen irdischen Neigungen nicht los
machen!

Das Ziel, das eine christliche Seele in allen ihren Andachtsübungen, Kommunionen, Betrachtungen, geistlichen Lesungen u.s.w. haben muss, soll kein anderes sein, als ihre Leidenschaften zu besiegen, die irdischen Neigungen
auszurotten, kurz, alle Hindernisse wegzuschaffen, welche sich ihr in dem Wege zur Vollkommenheit entgegen setzen. Darauf muss sie alle ihre Andachten, alle ihre Gebete richten, und Gott um vollkommene Losschälung von allen erschaffenen Dingen, um einen vollkommenen Sieg über die böse Begierlichkeit anflehen. 

Erstens muss sich dann eine christliche Seele der Abtötung der Sinne, und besonders der Augen, der Eßlust und der Zunge befleißen. 
Zweitens muss sie beflissen sein, die inneren Neigungen, nämlich die Neigung zu eigener Hochschätzung, zu Hab und Gut, oder zu anderen Gegenständen, die sie anziehen, zu überwinden. Drittens muss sie sich befleißen, dem eigenen Willen zu entsagen. 
Endlich viertens muss sie bedacht sein, dieses alles mit einer gewissen Leichtigkeit und Fröhlichkeit zu tun, weil immer etwas zu mäßigen oder zu verbessern geben wird. — 

Einige Seelen bemühen sich zwar, ihre heiligen Kommunionen, Betrachtungen und Gebete nie auszulassen, suchen aber nichts anderes dabei, als den Geschmack der Andacht und geistliche Empfindungen; daher kommt es denn, dass sie mit ihren Neigungen stets an irdischen Dingen hängen bleiben, welches die Ursache ist, dass sie auf dem Wege zur Tugend keinen Fortgang machen, ja wohl gar von Tag zu Tag schlechter werden.



Dienstag, 11. Februar 2014

Warum man unbedingt mit der Gnade mitwirken muss

10. Solche Gewohnheitssünden, sagt der heilige Augustinus, sind wie ein böses Geschwür, das der Seele alle Zierde raubt und sie so abscheulich macht, dass ihr der göttliche Bräutigam seine Liebkosungen völlig entzieht (Hom. 50 cap. 3). 
Weil die Seele dann in geistlichen Übungen keine Nahrung und keinen Trost mehr findet, wird sie dieselben vernachlässigen und unterlassen; da sie aber auf solche Weise die Mittel zur ewigen Seligkeit unterlässt, wird sie zu Grunde gehen. Setzt sie auch die heilige Kommunion, das Gebet und die Besuchungen des Allerheiligsten Altarsakramentes fort, so wird sie dennoch entweder einen geringen, oder keinen Nutzen daraus ziehen. 

Es wird das Wort des Heiligen Geistes an ihr in Erfüllung gehen: Ihr habt reichlich gesät  und wenig eingebracht. — Und wer Lohn sammelt, steckt ihn in einen durchlöcherten Beutel (Aggäus 1,6). Gerade so macht es eine laue und unvollkommene Seele, sie wirft, was sie Gutes tut, in einen durchlöcherten Beutel, so dass ihr kein Verdienst übrig bleibt.

Weil ihre Werke mit so vielen läßlichen Sünden entstellt sind, so macht sie sich immer mehr schuldig, bestraft zu werden, so dass ihr die außerordentlichen Gnaden vorenthalten werden, die ihr der Herr bereitet hätte, wenn sie den innerlichen Einsprechungen gefolgt wäre. 
Denn jedem, der da hat, wird gegeben, und er wird Überfluss haben; wer aber nicht hat, von dem wird auch das, was er zu haben scheint, genommen werden. (Matth. 25,26). Wer den Gewinn der Gnaden und die ihm von Gott gegebenen Talente durch seine Mitwirkung bewahrt, dem wird Gnade und Glorie vermehrt werden; wer aber sein Talent missbraucht, und unbenützt lässt, ohne es zu vermehren, dem wird dasselbe samt der schon für ihn bereiteten Gnaden von Gott genommen werden.

Siehe auch: Die seit über 50 Jahren unter den Tisch gefallene Gnadenlehre, die jeder Katholik um seines ewigen Heiles willen kennen und verstehen sollte. Die Gnadenlehre ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zur Irrlehre des Protestantismus in seinen unzähligen Sekten.

Predigtreihen zum Thema „Gnaden“

Einzelpredigten zum Thema „Gnaden“


Gebet.
Sieh, o Gott! ich bin eine dieser unglücklichen Seelen , welche wohl verdiente, von Dir verlassen zu werden, da ich 
so viele Jahre in dem elenden Stand der Lauigkeit, Deines Lichtes beraubt und von Deiner Gnade verlassen, dahin gelebt habe. 
Ich sehe aber das Licht, welches Du mir gibst, und höre Deine Stimme, die mir auf'´s Neue zuruft, dass ich Dich lieben soll; dieses sind Merkmale, dass Du mich noch nicht verlassen hast. 

Und weil Du mich denn nach so vielen Undankbarkeiten, die ich Dir erwiesen, nicht verlassen hast, so will auch ich gegen Dich nicht mehr undankbar sein. Du willst mir verzeihen, wenn ich die Unbilden, die ich Dir zugefügt habe, bereue; — ja, o Jesu, verzeihe mir, denn ich verabscheue, und verachte sie mehr als alles Übel! ich wollte, dass ich gestorben wäre, ehe ich Dich beleidigt habe. Du willst meine Liebe; ich verlange nichts, als Dich zu lieben. Ich liebe Dich, o höchstes Gut! ich liebe Dich, o mein Gott! Der Du einer unendlichen Liebe würdig bist. Herr, vermehre in mir dieses Verlangen, das Du mir jetzt gibst, Dein eigen zu sein. Du bist allmächtig, Du kannst mich ändern, und aus mir, die ich mich wider Deine Gnade empört habe, von inniger Liebe zu Deiner Güte entflammt werde.
Eine solche will meine Seele sein, eine solche hofft sie mit Deiner Hilfe zu werden. Du hast ja versprochen, den zu erhören, der Dich bittet. Diese Gnade ist es, um die ich Dich bitte; mache, dass ich ganz Dein sei und nichts liebe, als Dich. 
Ach, mein Jesu! mein Erlöser! lass Dich durch die Verdienste Deines kostbarsten Blutes von einer sündigen Seele lieben, die Du so sehr geliebt, und mit so großer Geduld ertragen hast, — die so viele Jahre gegen Dich undankbar war. 
Ich hoffe, mit festem Vertrauen auf Deine unendliche Barmherzigkeit, dass ich Dich mit ganzem Herzen in diesem wie im anderen Leben lieben, und deine Erbarmungen in Ewigkeit zu preisen (Psalm 88,2). — 

O Maria, meine Mutter! alle diese Gnaden, dieses Licht, diese Begierde, diesen guten Willen, den Gott mir verleiht, habe ich Deiner Fürbitte zu danken, die Du für mich eingelegt. Fahre fort, für mich zu bitten, lass nicht nach zu bitten, bis Du siehst, dass ich, wie Du verlangst, Jesu Christo ganz angehöre. Also hoffe ich, also sei es!

Montag, 10. Februar 2014

Warum man sich ständig bemühen muss, die Fehler, die man erkennt, auszurotten

8. Der Herr sprach einst zur hl. Angela von Foligni: "Von jenen, welche ich berufen habe, dass sie mir auf vollkommene Weise dienen, und die dennoch den gemeinen Weg nicht verlassen wollen, werde Ich mich ganz zurückziehen." 
Wer also ungeachtet der göttlichen Anregungen in Gewohnheitssünden dahinlebt, ohne an Besserung zu denken, wird mit Recht der besonderen göttlichen Hilfe beraubt und daher kaum selig werden.

Der heilige Augustinus sagt deshalb auch: "Gott pflegt jene nachlässigen Seelen zu verlassen, die mit offenen Augen und bedachtsamer Weise ihren Pflichten, die sie doch erkennen, nicht nachkommen, und sie nicht achten."  
Hierauf deutet jenes Wort, das der Herr zu dem heiligen Petrus gesprochen: "Wenn  Ich dich nicht wasche, so wirst du keinen Teil an Mir haben." (Johann. 13,3) Mit diesen Worten meinte der göttliche Heiland gewiß nicht die leibliche Reinigung, sondern die geistliche Tilgung der läßlichen Sünden, durch welche die Seele, die zur Vollkommenheit berufen ist, wenn sie sich nicht von ihnen reinigt, in die Gefahr gestürzt wird, ewig zu Grunde zu gehen.

9. Es ist wahr, sagt P. Alvarez, dass auch heilige Seelen, die sich der göttlichen Liebe ganz geweiht haben, von Fehlern und läßlichen Sünden nicht völlig frei sind. Sie befleißen sich aber unaufhörlich, ihr Leben zu bessern und ihre Fehler und Sünden zu vermindern; wie kann aber jene Seele, welche läßliche Sünden aus Gewohnheit begeht und zu begehen fortfährt, ohne darüber weder einen Kummer zu haben, noch an Besserung zu denken, wie kann sie, frage ich, sich davon losmachen, und die Gefahr in schwere Sünden zu fallen, vermeiden? — 

Der ehrwürdige P. Ludwig von Ponte sagt: „Ich habe viele Fehler begangen, nie habe ich aber mit denselben Frieden gemacht." Wehe jenen christlichen Seelen, welche die Fehler und Sünden, die sie begehen, erkennen und sie dennoch nicht auszurotten suchen! — „So lange eine Person ihre Sünden verabscheut," schreibt der heilige Bernard, „ist Hoffnung da, dass sie sich bessern und auf den guten Weg wiederkehren werde; wenn sie aber dieselben begeht, und in der Seele ruhig bleibt, ohne die Sünden zu verabscheuen, wird sie von Tag zu Tag schlimmer werden." 

Denn Fliegen, die in einer Salbe sterben, verderben deren g u t e n G e r u ch (Ekkl. 10,1). Diese toten Fliegen, sagt Dionysius der Karthäuser, sind gerade jene Sünden, die in der Seele bleiben, nämlich: der alte heimliche Groll, die unordentlichen Neigungen, die Eitelkeit, Unmäßigkeit, Uneingezogenheit der Augen oder Worte*; jene Sünden, welche begangen aber nicht verabscheut werden; was stiften diese Böses? 
Sie verderben den guten Geruch, das heißt die Andacht bei den Kommunionen, im Gebete, bei den Besuchungen des allerheiligsten Altarssakramentes, so dass die Seele dort weder Salbung noch Trost findet.

* das heißt ständig neugierig überall herumzugucken oder unnütze Worte zu reden

Samstag, 8. Februar 2014

Die zeitlichen Strafen nachgelassener lässlicher Sünden

7. Sei nicht ohne Furcht wegen der nachgelassenen Sünden! (2. Kor. 9,6) ermahnt uns der Heilige Geist. Wozu diese Furcht, wenn wir schon Verzeihung der Sünden erhalten haben? 

Diese Furcht ist deshalb notwendig, weil wir immerhin, wenn uns auch die Sündenschuld nachgelassen ist, wir doch zeitliche Strafen dafür zu leiden haben und unter diesen Strafen ist oft auch die Entziehung der göttlichen Hilfe. 
Darum hörten die Heiligen niemals auf, ihre, wenn auch geringen Sünden zu beweinen, obwohl sie ihnen nachgelassen waren, weil sie immer fürchteten, Gott möchte sie für dieselben mit Entziehung der Gnade strafen, die sie zur Erlangung der ewigen Seligkeit nötig hätten.
Wenn ein Günstling seinem Fürsten Verdruss bereitet hat, so wird er auch nach der Verzeihung nicht leicht wieder in die vorige Gnade kommen, es sei denn, er gäbe große Kennzeichen seiner Reue, und wolle den verursachten Verdruss mit größeren Dienstleistungen ersetzen
Ebenso verhält es sich mit Gott, wenn die Seele Ihn beleidigt hat. — 

Wenn sie nicht von Grund des Herzens ihre Fehler bereut und mit guten Werken zu ersetzen sucht, so zieht der Herr mit allem Recht Seine Hand von ihr zurück, und geht mit ihr nicht mehr so vertraulich um, wie zuvor

Je mehr dann die Seele dem Herrn missfallen wird, desto mehr wird Sich der Herr ihr entziehen, so dass dann die armselige, weil sie —  wie schon erwähnt —  einerseits viel schwächer und zum Bösen mehr geneigt ist, andererseits aber von der göttlichen Hilfe weniger unterstützt wird, leicht in schwere Sünden fallen, und erbärmlich zu Grunde gehen wird.