Mittwoch, 12. Februar 2014

Drittes Hauptstück - Von dem Schaden der lässlichen Sünden

Fortsetzung

1. Jede christliche Seele, welche aus Anhänglichkeit zu irgendeiner Leidenschaft sündigt, muss ihren ewigen Untergang fürchten. O Gott! wie viele Seelen werden niemals heilig, und setzen ihr ewiges Heil der größten Gefahr aus, weil sie sich von gewissen irdischen Neigungen nicht los
machen!

Das Ziel, das eine christliche Seele in allen ihren Andachtsübungen, Kommunionen, Betrachtungen, geistlichen Lesungen u.s.w. haben muss, soll kein anderes sein, als ihre Leidenschaften zu besiegen, die irdischen Neigungen
auszurotten, kurz, alle Hindernisse wegzuschaffen, welche sich ihr in dem Wege zur Vollkommenheit entgegen setzen. Darauf muss sie alle ihre Andachten, alle ihre Gebete richten, und Gott um vollkommene Losschälung von allen erschaffenen Dingen, um einen vollkommenen Sieg über die böse Begierlichkeit anflehen. 

Erstens muss sich dann eine christliche Seele der Abtötung der Sinne, und besonders der Augen, der Eßlust und der Zunge befleißen. 
Zweitens muss sie beflissen sein, die inneren Neigungen, nämlich die Neigung zu eigener Hochschätzung, zu Hab und Gut, oder zu anderen Gegenständen, die sie anziehen, zu überwinden. Drittens muss sie sich befleißen, dem eigenen Willen zu entsagen. 
Endlich viertens muss sie bedacht sein, dieses alles mit einer gewissen Leichtigkeit und Fröhlichkeit zu tun, weil immer etwas zu mäßigen oder zu verbessern geben wird. — 

Einige Seelen bemühen sich zwar, ihre heiligen Kommunionen, Betrachtungen und Gebete nie auszulassen, suchen aber nichts anderes dabei, als den Geschmack der Andacht und geistliche Empfindungen; daher kommt es denn, dass sie mit ihren Neigungen stets an irdischen Dingen hängen bleiben, welches die Ursache ist, dass sie auf dem Wege zur Tugend keinen Fortgang machen, ja wohl gar von Tag zu Tag schlechter werden.