Samstag, 22. Februar 2014

Mittel, wie man seinem Hauptfehler entgegenwirkt

13. Eine christliche Seele muss sich fünftens eifrig bestreben, solche Übungen der Tugend zu machen, welche den bösen Neigungen, die sie plagen, und verursachen, dass sie in Sünden fällt, gerade entgegengesetzt sind. 
Wer zum Beispiel eine Neigung zur Hoffart in sich merkt, muss sich ganz besonders vornehmen und bestreben, sich zu demütigen und Demütigung geduldig anzunehmen. Wer merkt, dass er zur Völlerei geneigt ist, muss dem so viel wie möglich entgegenwirken und dieses gilt auch von andern Lastern. 

Es ist darum sehr nützlich, was Cassian empfiehlt, dass wir uns nämlich täglich im Gebete die Gelegenheiten vor Augen stellen sollen, welche uns im Laufe eines Tages begegnen können; wenn uns z. B. ein Unrecht geschehen oder uns eine Unbild zugefügt werden könnte, so müssen wir uns vornehmen, in einem solchen Falle zu demütig zu sein und uns in den göttlichen Willen zu ergeben.**

O wie nützlich (die unlauteren* Versuchungen freilich ausgenommen), sind solche Vorbereitungen, damit die Seele in den Stand gesetzt werde, alle Widerwärtigkeiten, die sie unversehens treffen, geduldig ertrage. So sind die Heiligen in den Gelegenheiten allezeit bereit gewesen, Verspottungen, Unbilden, Ungerechtigkeiten, ja Schläge ruhig und fröhlich hinzunehmen.

* Demütig zu sein, gilt nicht für Widerwärtigkeiten, die man von Personen erleiden muss, für die man die Pflicht der Leitung hat, und für die man vor Gott strenge Rechenschaft ablegen muss, wie z. B. Kinder. Wenn Kinder sich den Eltern gegenüber schlecht benehmen und damit gegen das vierte Gebot verstoßen, hat man die Pflicht, unbedingt erziehend bzw. strafend einzugreifen, natürlich immer mit Verstandesüberlegung und nicht im Affekt, das ist in diesem Fall nämlich der göttliche Wille. Das führt der hl. Alphons an anderer Stelle eindringlich aus. Im Alten Testament gibt es genügend Beispiele, wie hart Gott die Eltern straft, die die Sünden ihrer Kinder dulden und nicht strafen.

** heißt Versuchungen zur Unkeuschheit, auf diese sollte man sich gedanklich auf keinen Fall vorbereiten, wenn solche auftreten, hilft nur Gebet und sofortige Flucht der bösen Gelegenheit.