Sonntag, 9. März 2014

Wie man seine Leidenschaften auf das richtige Ziel lenkt

14. Die dritte Regel, um zur innerlichen Abtötung zu gelangen, gibt Cassian an, da er sagt, wir müssen uns bemühen, den Gegenstand unserer Neigungen und Leidenschaften zu verändern, damit sie auf solche Art aus schädlichen und lasterhaften in nützliche und heilige verwandelt werden. 

Du bist zum Beispiel zur übermäßigen Anhänglichkeit an jene Personen geneigt, die dir Wohltaten erweisen; verändere den Gegenstand und wende diese Gemütsneigung auf die Liebe zu Gott, Der unendlich liebenswürdiger ist, und Der uns mehr Gutes tut, als uns Menschen jemals erweisen können. Oder du bist geneigt, jenen zu zürnen, die dir nicht wohlgesonnen sind; wende diesen Zorn gegen deine Sünden, welche Feinde sind, die dir einen größeren Schaden zugefügt haben, als selbst alle höllischen Geister dir zuzufügen im Stande sind. Oder du möchtest dir Ehren und zeitliche Güter verschaffen: wende diese Begierden den ewigen Gütern und Ehren zu. 

Um dies in der beschriebenen Art durchführen zu können, muss man öfters die ewigen Glaubenswahrheiten betrachten, geistreiche Bücher lesen, von den ewigen, höchst wichtigen katholischen Grundwahrheiten mit anderen reden, besonders muss man sich gewisse Grundwahrheiten in´s Gemüt einprägen, wie: 

Nichts verdient geliebt zu werden, als Gott allein. — 
Die Sünde allein ist das Übel, welches man hassen muss. — 
Alles, was Gott will, ist gut.
Auf dieser Welt nimmt alles ein Ende. — 
Wir müssen gleich jetzt tun, was wir im Tode wünschen werden, getan zu haben.— 
Wir müssen leben, als wenn niemand anderer in der Welt wäre, als wir und Gott.

Wessen Gemüt mit heiligen Dingen und Grundwahrheiten angefüllt ist, der wird wenig von zeitlichen Gegenständen beunruhigt, und so immer stärker werden, den bösen Neigungen zu widerstehen. Auf diese Weise haben es die Heiligen gemacht, und so sind sie dann, es mochte ihnen auf Erden gut oder schlimm gehen, unempfindlich geblieben. 
Damit man sich selbst überwinden lerne und von seinen bösen Neigungen nicht beherrscht werde, muss man Gott unaufhörlich um den Beistand Seiner Gnade bitten, denn: Jeder, der bittet, empfängt (Luk. 11,10). Wir wollen den Herrn vor allem bitten, dass Er uns Seine heilige Liebe verleihe. Wer Gott liebt, dem kommt nichts hart an. 

Wohl sind zur Übung der Tugenden Betrachtungen und Erwägungen sehr nützlich, aber ein einziges Fünkchen der Liebe zu Gott vermag mehr Gottgefälliges zu wirken, als tausend Erwägungen und Betrachtungen. Wer sich durch die Beweggründe, welche der Verstand ihm zeigt, zur Tugend anspornen will,  muss viel Mühe und Kraft anwenden: wer aber liebt, verrichtet mit Leichtigkeit, was dem Geliebten gefällt.


Gebet.

Mein Gott! mit so vielen Mitteln, die ich von Deiner Gnade empfangen habe, mit so vielen heiligen Kommunionen, so vielen Predigten, so vielen guten Beispielen, so vielen Erleuchtungen, so vielen innerlichen Einsprechungen, hätte ich schon ganz von Liebe zur Dir entflammt werden sollen. Aber ich sehe mich immer noch so unvollkommen und armselig wie zuvor. 
An Dir hat es nicht gemangelt, alles war meine Schuld. Ich habe Deiner Gnade Hindernisse in den Weg gelegt, indem ich meinen verkehrten Neigungen anhängen und folgen wollte. 

Mein Jesus! ich sehe dass Dich mein bisheriger Wandel nicht geehrt, sondern vielmehr entehrt hat. Herr! sei mir barmherzig, verlass mich nicht, denn ich will mich bessern. Es reut mich vom ganzen Herzen, dass ich, um mich zu vergnügen, Dich, mein höchstes Gut, beleidigt habe. Ich will anfangen, Dich zu lieben, und in dieser Stunde will ich anfangen. 
Es ist genug, ach, wie lange habe ich Deine Geduld missbraucht! Jetzt liebe ich Dich aus meiner ganzen Seele, Du bist und wirst allezeit das einzige Ziel meiner Liebe sein. Ich will alles verlassen und alles tun, um Dir zu gefallen. Sage, was du von mir verlangst und verleihe mir Deine Hilfe es zu vollziehen; denn ich bin bereit, Dir zu dienen. Lass nicht zu, dass ich künftig gegen jene so zarte Liebe noch undankbar bin, womit du mich gefesselt und gebunden hast, Dich zu lieben. 
Ich biete an, alles zeitlichen Trostes beraubt zu sein und alle Trübsal zu leiden, welche Du über mich verhängen willst; mache mit mir, was und wie es Dir gefällt. Ich verlange und hoffe, allezeit Dir anzugehören. O mein Jesus! Dich allein will ich, und sonst nichts. — 
O Maria, meine Mutter! bitte Deinen göttlichen Sohn, dass Er mich erhöre, denn Dein Sohn schlägt Dir nichts ab.